Wie trainiert man denn Freigang mit einer Katze?
Was die "Kontrollbesuche" betrifft, da habe ich alles Varianten erlebt. Einige Tierheime kommen vorher, um sich alles anzuschauen, einige ein paar Wochen nach der Vermittlung, eines brachte die Katze persönlich vorbei und schaute sich da einiges an. In den USA haben sie nichts davon gemacht, sondern mit ein paar Fragen gestellt und mir den Kater dann mitgegeben. Die Vermittler von Faustus haben angekündigt, in 6 - 8 Wochen vorbei zu kommen.
Wie ich deinem Schreiben entnehme, hattest du immer Tierheimkatzen?! Ich war zumindest über diese Kontrolle sichtlich erfreut, wenn es allerdings nur stichprobenmäßig damals gehandhabt wurde, traf es womöglich wie in meinem Fall, die Falsche. Haben die nicht sogar in den USA so eine Art Hunde- und Katzenpforte (ähnlich wie in Deutschland die Babypforte), wo man das Tier, was man plötzlich nicht mehr haben mag, einfach anonym abgeben kann?! Ich meine, darüber mal vor einiger Zeit einen Bericht drüber gesehen zu haben.
Wenn die bei Faustus in den nächsten Wochen vorbeikommen, kann ich mir aber kaum vorstellen, dass es was zu beanstanden gibt. Im Grunde genommen hättest du ja nun auch sagen können, ich gebe Mephisto wieder ab, da er ja noch nicht so langer in deiner Obhut war. Hier hast du dich allerdings zum Gegenteil überwunden und dies spricht doch grad besonders für dich und davor habe ich echt hohen Respekt und zieht dreifach den Hut!

Marvin hatte ja bereits 4 Jahre als Wohnungskatze hinter sich und auch sonst wusste ich ja nicht viel über seine Vergangenheit bzw. auch über sein bisheriges Erlebtes. Bei mir war es so, da verweise ich auch nochmal auf den "wahnsinnig treuen Blick" von Marvin, der mich tatsächlich nicht hat täuschen lassen. Anfangs war er nur im Haus, frei nach dem Motto "My home is my castle". Basis sollte halt sein, dass er sich hier sicher und auch wohl fühlt. Er hat dann bei mir auch eine gewisse Regelmäßigkeit festgestellt, und wie mir dann berichtet wurde, sich ab 16.00 Uhr oben auf die Fensterbank gesetzt und gewartet, bis ich nach Hause gekommen bin. Da habe ich echt große Augen gemacht und war sichtIich berührt. Während dieser Zeit habe ich abends zudem auch noch lange Zeit am Schreibtisch verbracht. Dieses Problem habe ich allerdings damit zusätzlich noch gelöst, dass ich seitlich auf dem Schreibtisch eine Decke hingelegt habe und er sich dann dort hinlegen konnte zum Putzen, zum Schlafen und zum Kraulen. Unter Aufsicht kam er dann ein paar Tage später oben auf dem größeren Balkon raus. Hier hatte er auch die Möglichkeit, direkt auf das Dach vom Nachbarn zu laufen, um auch einen noch größeren Blick von der Umgebung zu bekommen. Immer auch hier im Blick, wie der Kater auf äußere Einflüsse reagiert. Bei uns gab es zu dem Zeitpunkt nämlich auch sehr angriffslustige Dohlen. Weitere Tage später ging es dann unten im etwa meterhohem eingezäunten hinterem Garten weiter. Wie sich da auch erstmal herausstellte, hatte er eine ganz besondere Vorliebe für Blumen. Später dann auch für den angrenzenden Friedhof, wo er häufig nach Beerdigungen vorzufinden war (auf Grund der frischen Kränze und auch Blumengestecke) . Dann kam der Tag, wo er vorne zur Haustür rauskam. Der erste Versuch ist erstmal kläglich gescheitert, weil just in dem Moment ein Auto kam. Er lief völlig planlos los und ich hinterher. Wieder eingefangen und die Tage darauf lief es dann besser. Immer natürlich mit dem Blick auf den Kater, wie er auf äußere Einflüsse reagiert. Ihm hier halt auch eine gewisse Sicherheit und Vertrauen zu geben und auch immer wieder zu bestätigen, dass er weiß : "My home is my castle". Diese Gewöhnung an den Freigang habe ich immer zur selben Uhrzeit gemacht und in einem gewissen Zeitrahmen. Den Zeitrahmen nach hinten habe ich dann immer weiter verlängert und das Ende schloß immer damit ab, dass ich den Kater gerufen habe und er dann wieder ins Haus gekommen ist und es bei mir was leckeres zu fressen gab. Die Uhrzeit hat sich dann eingependelt auf 22.00 Uhr abends. Wenn er da war (mit oder auch ohne zu rufen), kam er rein, wenn nicht, hatte er "Pech" gehabt. Natürlich hatte er kein "Pech", sondern ich habe ihn dann auch schmoren lassen und von innen beobachtet, wie er sich draußen vor der Tür verhält und dann natürlich reingelassen. Während dieser Zeit lief allerdings auch einiges auch nicht so gut. Einmal und da hatte ich Gott sei Dank Urlaub war er draußen und plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Die ganze Umgebung abgesucht, Nachbarn gefragt und du kannst dir bestimmt vorstellen, wie untröstlich man hier sein kann, aber dies war damals auch von mir kalkuliertes Risiko. Ende vom Lied: Er hat 2 Tage bei den Nachbarn in der dunklen Garage verbracht. Die hatten kurzweilig wohl die Garage aufgehabt und Marvin so neugierig wie er war, da rein. Danach war er erstmal geheilt. Morgens verhielt sich der Zeitrahmen recht ähnlich wie abends. Als sich dies dann gut eingependelt hat, hat er auch zunehmend Frauchens Unregelmäßigkeiten kennen lernen dürfen, das war dann in der Zeit, wo ich länger Urlaub hatte. Insgesamt hat sich dies über einen Zeitraum von knapp 3 Monaten eingespielt. Er lernte unglaublich schnell und was immer wieder wichtig war, die Vertrauensbasis aufrecht zuerhalten. Es kam in den Jahren nämlich auch vor, dass er etwas lädiert vor der Haustür saß (Marvin hatte ja auch sein Revier zu verteidigen, da blieben dann Raufereien auch nicht aus). Und was ihn immer wieder auch zu gute kam, war sein hohes Wiedererkennungsmerkmal, nämlich sein "Ringelschwanz". Anfangs hat keiner so wirklich dran geglaubt, dass das mit einer Katze aus dem Tierheim so eine gute Idee ist, besonders wenn diese dann auch schon älter ist. Ich für mich kann sagen, dass ich eine gute Erfahrung gemacht habe und richtig belohnt wurde und wie heißt es immer so schön: Versuch macht klug oder Am Ende wird alles gut und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende.
Man könnte hier fast den Eindruck von mir gewinnen, dass ich zu Romanen schreiben neige
